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Camino Real: 2. Tag - Den Konquistadoren auf der Spur

Kikeriki, Kikeriki, Kikeriki – so werden wir am 2. Tag der Camino-Real-Tour „liebevoll“ geweckt. Ein Hahn krakeelt lauter als der andere. Sie scheinen sich gegenseitig übertrumpfen zu wollen. Wir stärken uns mit Spiegeleiern, Patacones (frittierte Kochbananen) und Kaffee.

Und was fehlt noch, um den Tag zu meistern? Sonnencreme Lichtschutzfaktor 50 großzügig auftragen und mit Insektenspray eindieseln. Nicht unbedingt ein Duft, den ich für ein Date verwenden würde. Aber das scheint jemandem schon recht bald ziemlich egal zu sein…

Um 8:30 Uhr geht es los. Fünf Stunden über Weiden und Wiesen in der prallen Sonne. Könnt ihr euch noch an die Mitschüler erinnern, die im Sportunterricht immer als Letzte in Mannschaften gewählt worden sind? Ja? Ich war in der Schule auch so ein Exemplar. Dann könnt ihr euch sicher vorstellen, wie ich keuchend und schnaufend da lang gekraxelt bin, denn an meiner „Sportlichkeit“ hat sich bis heute nichts geändert.

Immer wieder säumen Kühe unseren Weg. „Ich schau dir in die Augen, Kleines“, und bin ganz verliebt in den Blick dieser Kuh.

Wir passieren eine Anhöhe, auf der Holzhäuschen steht. Ein rotblonder und ein schwarzer Hund rennen plötzlich von diesem Hügel auf uns zu. Sind sie uns freundlich oder feindlich gesinnt? Sie wedeln mit ihren Schwänzen. Puh, nochmal Glück gehabt. Doch bevor wir auf Kuschelkurs gehen können, ruft ihr Besitzer sie auch schon wieder zurück.

Auch heute zeigt uns Lucia die Schätze der Natur, wie etwa den Panama-Baum, den der Staat 1969 zum Nationalbaum erklärt hat. Fun Fact: Jedes Land in Mittel- und Südamerika hat einen Nationalbaum, eine Nationalblume und einen Nationalvogel. Den Nationalbaum habe ich euch ja bereits verraten. Die Orchidee Flor del Espiritu Santo (Blume des Heiligen Geistes) ist die Nationalblume, der Greifvogel Aguila Harpia (Harpyie) der Nationalvogel.

Die Früchte des Panama-Baums sehen innen aus wie Herzen. Wendy Cutler/Flickr CC BY 2.0

Die Dorfbewohner von Quebrada Ancha haben uns einen für mich eher ungewöhnlichen Proviant mitgegeben: reife Zuckerrohrstangen. Doch wie soll ich das essen? Holzartige Fasern durchziehen das Innenleben des Zuckerrohrs. Das kann ich weder gescheit kauen, geschweige denn verdauen. Es ist jedoch einfacher als gedacht. Ich muss einfach nur den Zuckerrohrsaft aus den Fasern lutschen. Ich kann es kaum glauben, dieser Snack puscht meine Energie wieder nach oben. Molinar pflückt uns bei einer kleinen Pause noch Orangen. Nun steht dem nächsten Anstieg nichts mehr im Wege und das Kraxeln während der Hitze hat sich bei diesem Anblick ja nun wirklich gelohnt!

Nur noch eine Stunde laufen und dann haben wir endlich Mittagspause! Eine einheimische Familie bewirtet uns mit Hühnchen, Reis und Bohnen.

Anton und Juliane verlassen uns. Sie fahren weiter auf die Isla Grande. Auch Lucia wird die kommenden Tage nicht mit uns verbringen. Sie fährt nach Panama-Stadt zurück. Nun werden uns unsere Guides Molinar aus Quebrada Ancha und Euginio, der auch aus der Gegend stammt, ortskundig auf dem Camino Real begleiten. Sowohl Molinar und Euginio als auch meine Weggefährtinnen Alicia und Irene können kein Englisch und ich kein Spanisch. Na, das kann ja heiter werden. Wie erkläre ich ihnen, dass mich eine Schlange gebissen oder ein Skorpion gestochen hat!? Ach, es wird schon alles gut gehen…

Vor dieser Schlange muss man nun wirklich keine Angst haben.

Die kommenden Stunden waten wir durch Matsch. Immer wieder sinke ich so tief ein, dass das Schwarz meiner knöchelhohen Trekkingschuhe zu Schlammbraun wechselt. Gegen 18:30 Uhr erreichen wir unser Domizil für die Nacht. Unser Gastgeber ist Pascal. Er lebt in einer einfachen Holzhütte, doch es ist alles vorhanden, was der Mensch zum Überleben braucht. Neugierig inspizieren Irene und ich die Feuerstelle in der spartanisch eingerichteten Küche.

Wir scheinen bei Pascal in einen Männerabend hineinzuplatzen. Er hat Besuch von mehreren Freunden. Sieben Hunde laufen um uns herum, von denen drei Pascal gehören.

Irene und ich steigen den Hügel zum nahegelegenen Fluss hinab. Wir wollen uns den Schweiß und Dreck des Tages abwaschen. Das Bad in der Flusssenke ist unglaublich erfrischend. Langsam schleicht die Dämmerung in den Wald. Glühwürmchen tanzen am Ufer. Zikaden läuten mit ihrem Gesang die Nacht ein.

Gut, dass wir unsere Stirnlampen mit dabei haben. Als ich jedoch das Licht auf meine Hose richte, um sie wieder anzuziehen, muss ich schreien. Eine Untertassenteller-große Spinne hat es sich auf meiner Hose gemütlich gemacht. Panisch schüttele ich sie ab. Aber die Spinne ist nicht das einzige Tier, das mich in Aufregung versetzt. Pascal hat einen kleinen Käfig, in dem eine Ratte eingesperrt ist. Eine RATTE. Das sind für mich die ekeligsten Tiere, vor denen ich panische Angst habe. Aber warum hält sich jemand eine Ratte? Am nächsten Morgen ist sie jedenfalls nicht mehr da. Und ich möchte auch nicht wirklich wissen, wo sie abgeblieben ist.

Irene, Alicia und ich machen es uns in den Hängematten gemütlich. Ich könnte glatt einschlafen, so fertig bin ich. Aber es gibt ja noch Abendessen, das uns Molinar zubereitet. Pascals Freunde machen sich auf den Heimweg. Und auch für uns wird es nun Zeit, schlafen zu gehen.

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